Das Akustikerlebnis in diesem wunderbaren Saal beginnt schon vor dem Konzert, wenn sich die MusikerInnen auf dem Podium einspielen: Einen solch lebendigen, räumlichen Cello- und Bass-Klang hört man sonst nirgends. Der Geigenklang dagegenlegt sich geschmeidig in die höheren Sphären des Saales.
Auch für die Augen gibt es viel Neues zu sehen: z.B. Stuckmarmor Säulen, die wieder im ursprünglichen Lachs-Rosa-Orange erstrahlen und eine wichtige Gliederung in der Architektur des Saales darstellen.
Kent Nagano gestaltete das War Requiem in seiner Zerrissenheit präzise und mit grosser Subtilität. Gerade die leisen Stellen zeigten die Stärken dieses tollen Saales besonders gut. Auch geheimnisvolle Bebungen und Vibrationen können entstehen.
Der Bereich von forte zu fortissimo kommt mit eiserner Wucht und erinnert manchmal an Schostakowitsch. Bei diesen sehr grossen Lautstärken kommt der Raum mit seinem vergrösserten Podium und Orchester an seine Grenzen. Man sah einzelne Zuhörer, die sich die Ohren zuhielten. Im KKL Luzernlässt sich dies nie beobachten.
Mit dem vergrösserten Podium stehen die Solisten fast in der Mitte des Saales, weit entfernt vom sogenannten „Honey Pot“, dem Ort mit der besten und fokussiertesten Akustik.
Karlheinz Müller aus München ist zuständig für die Akustik in der neu renovierten Tonhalle. In einem Interview mit der neuen Musikzeitung aus Deutschland beschreibt er seine Arbeit so:
„Im Raum werden an genau bestimmten Positionen an Wänden und Decke kleinen Lautsprecher installiert, die hier eigentlich Leisesprecher heissen müssten. Denn über diese Lautsprecher werden nur die Klanganteile eingespielt, die vorher in den schallschluckenden Flächen des Saales verlorengegangen sind oder die sich nicht entwickeln konnten, weil der Saal dem Schall nicht genügend Raum bietet. Gespeist werden die Lautsprecher von kleinen Mikrofonen, die wie bei einer CD-Aufnahme ein Abbild des Bühnengeschehens einfangen.“
Dass das Provisorium in der Tonhalle Maag von Karlheinz Müller elektroakustisch mit Mikrofonen und Lautsprecher verbessert wurde, ist bekannt. Ist das in der Tonhalle Zürich auch der Fall?
In unserer digitalisierten Welt ist es ein schlechtes Signal, wenn klassische Musik erst mit Hilfe von Hightech erklingen darf. Gerade die alten, ausgezeichneten Konzertsäle der Schweiz sind eher klein und brauchen keine Elektronik um die Menschen ins Herz zu treffen.
„Eine gute Sache an Musik ist, dass du, wenn sie dich trifft, keinen Schmerz spürst.“
Bob Marley
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