Organtransplantation
Kein menschliches Ersatzteillager
Mit Bezug auf Medienberichte über Organtransplantationen glaube ich nicht, dass sich die Leser in die Irre führen lassen, wie dies in einem kürzlichen Leserbrief zum Ausdruck gebracht wurde. Erst recht nicht jene Leute, die sich mit der Thematik ernsthaft auseinandersetzen, werden dem Vorwurf irreführender Berichte folgen können. Direkt angesprochene, spendewillige Menschen wissen genau, worauf sie sich einlassen, falls ihr Organ als lebensrettende Lösung für einen schwer kranken Patienten zur Auswahl steht. Die ethisch-moralisch gerügte Grenzüberschreitung bei der Widerspruchslösung stösst insofern ins Leere, als jeder Bürger die Möglichkeit hat, sein eigenes Mitsprachrecht über die Organspende zum individuell geeigneten Zeitpunkt und ohne Druck in Anspruch zu nehmen. Die frühzeitige Auseinandersetzung mit dieser eigenen, sich selbst gestellten Frage, kann hilfreich sein und spätere, mühsame Meinungsbildungsprozesse von Angehörigen verhindern.
Eine ganz andere Dimension und Sichtweise erzeugt die Thematik, wenn sie plötzlich das eigene Umfeld konkret erfasst. Für den kranken Patienten und seine Angehörigen beginnt ein äusserst strapaziöser, nervenaufreibender Prozess. Jenem/r anonymen Spender/in sei herzlich gedankt, dass er/sie unserem noch jungen, eigenen Familienmitglied als letzte noch machbare Überlebenschance sein Organ gespendet hat. Ein glücklicher Mensch, mitten im Leben, darf wieder hoffnungsvoll in seine Zukunft schauen. Sein zweites Leben hat eben erst begonnen. Das ist wunderbar, wie ein Geschenk vom Himmel und nicht das Verdienst eines menschlichen Ersatzteillagers, wie es im Leserbrief mit etwas bitteren Nachgeschmack bezeichnet wurde.
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