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Es sind ja nur Zuckerwässerli

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Ein paar Gedanken zu den extremen Agrarinitiatiativen von Roger Gündel, seit fast 60 Jahren Gemüsegärtner aus Leidenschaft.

Mein Vater und mein Großvater waren überglücklich, als die chemische Industrie beinahe jedes Jahr neue Wundermittel für die Landwirtschaft bereitstellte. Damals noch mit einem Totenkopf auf der Flasche und der Aufschrift «Gift». «Aber alles nur Zuckerwasser» versicherte der Verkäufer. Als dann der Großvater nach dem Zuckerwasser Einsatz erbrechen musste und Durchfall bekam, waren Schutzmasken angesagt. Als Kind war «Pladafum» unser Hit. Eine Rauchbombe, die man im Gewächshaus entzündete. Das war wie Bonanza: Rauchbombe im Gewächshaus anzünden, rausspringen Türe zu. Das hat gequalmt und gezischt. Am nächsten Tag waren sämtliche Läuse und Spinnmilben tot. Ebenso alle Honigbienen, Wildbienen und Schmetterlinge, die es nicht rechtzeitig nach draussen geschafft hatten. Auf unsere Frage an den Grossvater, warum denn die Bienen sterben müssen, meinte er, dies sei ein Kollateralschaden und Gärtnern sei eben ein ewiger Kampf gegen Schädlinge und Unkräuter. «Aber Grossvater, was ist denn mit dem Biobauern im Dorf, der das ganze ohne Gift macht?» Seine Antwort: «Der jätet halt gern!» Am liebsten hatte mein Vater «Gramaxone» und «Roundup», jetzt inklusive Brechmittel, was eine Vergiftung durch Einnahme verhindern sollte. Und nun ohne Totenkopf! Alle Brennnesseln, Dornen, Gestrüppe und Unkräuter wurden mit wenig Aufwand weggespritzt. Endlich Ordnung auf den Feldern und ums Haus. Hecken weg Feldbäume weg, Platz für die Felder und den Traktor. Bäume und Sträucher gehören in den Wald. Doch dann waren plötzlich die Lärchen nicht mehr da, die meine Mutter und meinen Vater immer mit ihrem Gesang erfreut hatten. Auch der Feldhase ist verschwunden und einige Lebewesen mehr. Anstatt lokale Bienen, wurden nun Hummeln aus Holland zugekauft, um die Tomaten und Gurken zu befruchten. «Vielleicht doch nicht alles nur Zuckerwasser und doch zu viel Ordnung.» meinte mein Vater. Als dann bei mir in der Berufsschule zum Gemüsegärtner ein Mitschüler nach dem Zuckerwasser spritzen, wegen Vergiftung ins Krankenhaus musste und zeitgleich das «Atrazin», ein Zuckerwasser gegen Unkräuter, in den Bergseen gefunden wurde, war für mich klar: ich werde Biogärtner und arbeite ohne diese Zuckerwasser. Und heute? Das ist alles viel besser! Für Zuckerwasser gibt es unterdessen Grenzwerte, zwar unbeständig, wie das Wetter im April, dafür ist immer noch umstritten, wie giftig die Zuckerwässerli überhaupt sind. Für Wildbienen kann man jetzt Hotels kaufen. Für Schmetterlinge, Insekten und Frösche gibt es ja Schutzgebiete. Wer braucht schon Vögel und Wildhasen, dazu gibt es ja schließlich den Zoo. Dafür geben wir gerne Geld aus. Hauptsache, die Nahrungsmittel sind billig.

Mein Grossvater hat mir als Kind eine Gurke gegeben «Die hat einen Franken Wert.» sagte er. Unser Mitarbeiter Gustav hat damals 2 Franken pro Stunde verdient. Die Gurke kostet heute immer noch 1 Franken. Wie billig müssen Nahrungsmittel sein? Sogar mein Vater, der Zeit seines Lebens ein grosser Gärtner mit vielen Ideen war, hat in seinen letzten Jahren aktiv mitgeholfen, Teiche anzulegen, Bäume zu pflanzen und damit produktive Lebensräume zu schaffen. Weshalb wohl?

Mit Ihrem doppelten JA zu den Agrarinitiativen, helfen Sie mit, produktive Lebensräume zu schaffen und das Wasser zu schützen! Ich erhoffe mir zudem ein Umlenken der Forschungs- und Ausbildungsgelder Richtung biologischem Landbau, Permakultur, Agroforst und regenerative Landwirtschaft, weg von der chemisch-, technischen Monokulturlandwirtschaft.

 

Roger Gündel

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